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Wo ist eigentlich Panama?

Die Festival Kultur ist etwas ganz Besonderes für mich. Für ein paar Tage kann man den Alltagsstress hinter sich lassen und sich mit Freunden auf ein kleines Abenteuer mit Musik, Kollektivität und Kreativität begeben.

Ich freue mich jedes Mal, wenn mir Leute von neuen Festivals und Konzepten erzählen, die sich nach einem friedfertigen Beisammensein anhören. Dazu zählen vermehrt Concious- Festivals wie die Fusion oder das Roskilde Festival. Die nicht-kommerzielle Note in diesen Konzepten geben den Besuchern auch direkt ein Gefühl von sozialem Output.

Nach dem Roskilde Festival, welches wir Anfang Juli im Rahmen der Female Festival Task Force besuchten, stieg mein Optimismus bis ins Unermessliche. So viel Aktivismus und Toleranz auf einem Fleck schien für mich schon fast wie eine Utopische Welt. 

Da wir die unterschiedlichsten Festivals miteinander vergleichen wollen, um eine bestmögliche Entwicklung für die Zukunft in Form von Konzepten auszuarbeiten, war ich dann auf das Splash Festival eine knappe Woche später sehr gespannt. Ich liebe Hip Hop und mir ist als Nachwuchs-Journalistin deshalb sehr viel daran gelegen, dass mein Lieblingsgenre nicht als sexistisches und gewaltbereites Genre verkommt, und die Leute deshalb, so wie schon viele bislang, weiterhin keine Lust haben ein solches Festival überhaupt zu besuchen. 

Aus diesem Grund begab ich mich in die Höhle des Löwen auf der Suche nach verbesserungswürdigen Umständen, auf die Spuren von Panama , einem seit vergangenem Jahr existierenden Safe Space und in den direkten Kontakt mit Frauen nach Ferropolis, der Stadt aus Eisen.

Die Freude war wie jedes Jahr sehr groß und dieses Jahr umso mehr, weil ich wusste, dass ich wirklich etwas bewegen kann. Doch wie es scheint, sind meine Lieblingsfestivals für viele, teils minderjährige Besucher ein Ort, um sich für ein paar Tage daneben zu benehmen und die sexistische Sau rauszulassen.

Während die Einen ihre Camps liebevoll dekorieren, sich witzige Kostüme anziehen oder sich Schilde für ihren Lieblingsact basteln, werden von unglaublich vielen Besuchern sexistische Sprüche auf Zelten und Pappschildern hochgehalten und aufblasbare Sex-Puppen aufgeblasen.

( Wow sympathisch, die Typen würde man echt gerne näher kennenlernen und sie über Themen so wie Sexismus befragen).

 Ein präsentes Awareness Team, das solches Verhalten unterbindet ? Fehlanzeige. Und das sind nur die schwächsten Anzeichen von dem was dort falsch läuft. KO-Tropfen und willensschwächende Drogen sind nicht nur in Einzelfällen vorgekommen, wie uns Splash Mitarbeiter später in ‘’Panama’’ berichteten. 

Aber liegt es an dem Genre und den teils sexistischen Texten der Künstler dass das Publikum sihc auf HipHop Festivals so verhält ?

Sollten Veranstalter vermehrt darauf achten, solche Künstler von ihren Lineups auszuschließen und wenn ja, wo fängt dann der Sexismus an und wo hört es dann die Kunst auf ?

Es steht daher zur Bewahrung der Kunstfreiheit, aber gleichzeitig zur Sicherung der Rechte von Frauen und anderen Minderheiten, in der Verantwortung der Veranstalter Aufklärungsarbeit zu leisten

Ich bin nicht der Meinung, dass es an dem Genre liegt, auch wenn Frauen oft in Musikvideos oder Texten oftmals objektiviert werden. Eine solche Stimmung entsteht gerade auf Veranstaltungen, auf denen Themen wie sexistisches oder sexuell übergriffiges Verhalten von den Verantwortlichen einfach nicht genug thematisiert werden.

Es steht daher zur Bewahrung der Kunstfreiheit, aber gleichzeitig zur Sicherung der Rechte von Frauen und anderen Minderheiten, in der Verantwortung der Veranstalter Aufklärungsarbeit zu leisten, sollte man sein nicht Lineup einschränken wollen. Wie, haben wir auf dem Roskilde Festival in beispielhafter Manier gesehen und zu schätzen gelernt.

Wo ist Panama?

Das ist der Code-Satz, mit dem Festivalbesucher des Splashs sich seit vergangenem Jahr an Festival Mitarbeiter und  Barpersonal richten können, sollten sie sich in Not, bedrängt oder einfach unsicher fühlen. Sie werden dann nach ‘’Panama’’ gebracht, einem kleinen Safe-Space zum akklimatisieren, ausruhen oder um dort von Freunden abgeholt zu werden.

Als wir Panama besucht haben, viel uns zunächst die Lage auf. Panama befand sich kurz vor dem offiziellen Festival Eingang und damit circa 20 Gehminuten vom Zeltplatz entfernt, direkt neben der Frontyard-Stage, auf der nächtlich bis sechs uhr morgens noch gefeiert wurde. Als wir uns dorthin begaben, um mit den Sozialarbeitern und auch einigen Betroffenen zu sprechen, ist uns schnell aufgefallen, dass zwar viele Leute dankbar den Service in Anspruch nahmen, der Aufbau und die Organisation aber in einigen Punkten vom Personal deutlich kritisiert wurden. Ein kleines Zwei-Zimmer-Apartment ausgestattet mit Essen, Trinken und zwei kleinen Feldbetten sollte verunsicherten und betroffenen Festivalbesuchern die Möglichkeit geben abzuschalten. Dass sich die Räumlichkeiten von Panama allerdings direkt neben der Produktionshalle und auch der Frontyard-Stage befanden und ständig Arbeiter in Warnwesten durch den gemeinsamen Flur laufen mussten, fanden einige Leute nicht zu prickelnd und so war die Ruhe, die betroffene Leute brauchten nicht gegeben.

Wo Panama ist,  war auch offensichtlich wirklich eine gute Frage für diejenigen gewesen, die sich auf dem 20 Minuten entfernten Zeltplatz einer Bedrohung ausgesetzt gefühlt haben .

Ein Mädchen, mit dem ich sprach, musste sich über die gesamte Zeit auf dem Festival in den Räumen von Panama einquartieren lassen, da eine bestimme Untergrund- Rapgruppe aus dem Großraum Frankfurt, die eigentlich aufgrund von Vergewaltigungsvorwürfen Splashverbot haben, sich doch aufs Gelände geschmuggelt haben und das Mädchen aufgrund einer gemeinsamen Vergangenheit wirklich verängstigt war auf diese Jungs zu treffen.

Der weite Weg vom Festival Gelände wirkte auf sie dann so einschüchternd, dass die Mitarbeiter von Panama sie bei sich über den gesamten Zeitraum nächtigen ließen. Der rund drei Kilometer lange Weg vom Festivalgelände zum Zeltplatz dient zwar einigen Leuten zum vorglühen und auf dem Rückweg zum ausnüchtern, ist allerdings nicht bewacht. Sollte man dort bedrängt werden ist die nächste Hilfe kilometerweit entfernt. Hier sollte definitiv in Erwägung gezogen werden, alle paar hundert Meter einen Awareness Mitarbeiter zu stationieren der im Notfall Menschen zum Zeltplatz begleiten kann oder eben nach Panama bringt.

Auch auf dem riesigen Zeltplatz schien es leider keine richtige Anlaufstelle zu geben. Und bis ein Mitarbeiter aus Panama bis zum Zeltplatz gelangt, ist vielleicht schon der Schlimmste Fall eingetreten. Viele Mädchen teilten uns mit, dass Sie sich oft von Jungs bis zu den Sanitäranlagen begleiten ließen, um Bedrängnissen zu entgehen. Dass dies überhaupt notwendig ist ist zwar traurig genug, sollte aber die Veranstalter ermutigen mehr Awareness zu etablieren. 

Auch die Mitarbeiter des Panama-Teams teilten uns mit, dass es zwar ein ‘’Panama-Zelt’’ auf dem Besucher Zeltplatz gäbe, was einem erstmal als Anlaufstelle dienen könnte, dass dies aber so schlecht erkenntlich gemacht worden war, dass viele Besucher nicht mal wussten dass es existiert.

 Das Panama Konzept ist also alles in allem schon mal eine echte Hilfe und ein Zeichen in die Richtige Richtung  gewesen, aber definitiv ausbaufähig und es ist nicht damit getan, für das Marketing und die lauten Stimmen so eine Anlaufstelle halbherzig mit ins Programm zu tun und es dabei gut sein zu lassen.

Was kann getan werden?

Ein Awareness Team sollte auf dem Zeltplatz mit einer weiteren ausgebauten Panama Anlaufstelle präsent sein, nicht um die Leute zu kontrollieren, sondern einfach um das Gefühl der Sicherheit und einer in Reichweite stehenden Ansprechperson zu geben.

In Form von Kampagnen im vorhinein kann das Festival zusätzlich für eine tolerante Stimmung sorgen. Und auch da ist es nicht damit getan, die Regenbogen Flagge mit ins Logo aufzunehmen. Man sollte Menschen in Form von vorausgehenden Statements, Awareness Kampagnen Hinweisschildern und persönlichen Gesprächen  sensibilisieren,informieren und Betroffenen zur Seite zu stehen. 

Was wir im Rahmen unserer Stichprobenbefragung auf dem Roskilde oftmals gehört haben, war, dass viele Mädchen berichteten ‚lediglich‘ mal einen Klaps auf dem Po während eines Konzerts bekommen zu haben oder den ein oder anderen frauenfeindlichen Spruch gegen den Kopf geworfen bekommen zu haben ‚‘ Aber das ist ganz normal, und hält sich ja im Rahmen, schließlich ist das ja eine Party‘‘  

Solche Aussagen von betroffenen Mädchen zu hören, hat mich direkt aufmerksam gemacht um die Mädchen dahingehend wieder zu sensibilisieren. Toxische Männlichkeit überträgt sich bei Gleichgültigkeit rasend schnell und ich weiss, dass selbst sich verbal zur Wehr zu setzen, ein schwerer Schritt sein kann .


Ich weiß, dass ihr nicht diskutieren wollt und nicht hören wollt ‘Stell dich nicht so an’, ’sei nicht so prüde’ oder Ähnliches. Aber vergesst nicht, dass ihr das Recht habt zu sagen was ihr nicht möchtet, während er kein Recht hat, in eure Privatsphäre einzutreten. Wenn ihr das toleriert, dann legitimiert ihr unbewusst und unbeabsichtigt sein Verhalten, so dass er denkt, beim nächsten Opfer wieder einen Schritt weiter gehen zu können. Im Rahmen der Solidarität muss man hier klare Grenzen setzen, denn wenn wir wegschauen, geht es schnell in einen Trend über, in dem man nichts sagen darf. Das gilt auch für die Typen, die das Verhalten eines Kumpels nicht witzig finden.

Daher sollten Betroffene Mädchen einen solchen Zwischenfall nicht als Feaupax abtun, sondern die Täter schleunigst bei dem Awareness-Team melden, die dann eine Verwarnung geben und mit einen Auschluss vom Festival drohen können.

Auf dem Roskilde- so wie auch auf dem Splash Festival haben wir Mädels befragt, was sie sich wünschen würden um das Festivalgelände sicherer und attraktiver für alleinreisende Mädchengruppen zu machen.

 Ein gemeinsamer Campingplatz für Alleinreisende war dabei ein Vorschlag. Einen Notfallbutton in der Festival App, der auch Offline funktioniert aufgrund der ständigen Netzüberlastung, woraufhin ein Sanitäter , Awareness-Team Mitarbeiter oder Security Guard sich zu dem Standpunkt auf den Weg machen kann. Gerade Awareness-Teams auf dem Zeltplatz, vielleicht sichtbar von der Festivalleitung beauftragt, wären den weiblichen Besuchern ebenfalls wichtig. 

Ich war froh zu sehen, dass das Splash! Veranstalter-Team ein Statement zu den diesjährigen Vorfällen veröffentlichte, und versprach, in Zukunft weiter an diesen Themen zu arbeiten. Ich hoffe, dass auf einige der oben genannten Punkte eingegangen wird und melde mich dann nächstes Jahr mit hoffentlich positiver Rückmeldung zurück !

Auszug aus dem Statment der Veranstalter

Der zweite Punkt, zu dem wir uns positionieren müssen, hat uns extrem bestürzt: augenscheinlich befanden sich unter unseren Mitarbeitern auf dem splash! Festival Leute mit rechter Gesinnung, sexistischer Haltung und krimineller Energie. Wir wollen nicht um den heißen Brei reden: Das geht überhaupt nicht klar! Für Rassismus, Sexismus, Homophobie, Transphobie, kriminelle Energie und alles, was damit zu tun, ist kein Platz auf dem splash! Weder für Besucher und noch viel weniger für Mitarbeiter! Einiges wurde schon während des Festivals an uns herangetragen. Darauf haben wir sofort entsprechend reagiert. Aktuell stehen wir sowohl mit Besuchern als auch mit den entsprechenden Dienstleistern in Kontakt und werten jeden einzelnen Fall aus, der uns gemeldet wurde, um entsprechende Konsequenzen zu ziehen. In erster Linie ist es natürlich die Verantwortung der einzelnen Dienstleister, ihre Mitarbeiter zu überprüfen, wir wollen das aber nicht beschönigen – auf unserem Festival waren Mitarbeiter mit entsprechender Gesinnung und das darf nie wieder passieren! Dafür werden wir sorgen!

An beiden Themen arbeiten wir mit oberster Priorität, damit sich in Zukunft nichts derartiges mehr abspielen wird und ihr euch auf dem splash! wohlfühlen könnt. Wir danken euch für euer Feedback und eure Kritik

Dieser Artikel wurde im Rahmen der Female Festival Task Force der Blogrebellen verfasst. All Pics: Hendrik Willemsen / PictureColada

Was meint Ihr? Habt ihr Vorschläge und Anregungen, was die Festivalveranstalter Eurer Lieblingsfestivals anders machen können, um eine tolerante und rücksichtsvolle Atmopsphäre zu schaffen? Schreibt es in die Kommentare.

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